Die neun Fraktionen von Strassen haben interessante Namen
In der alphabetischen Reihenfolge ist der kleinste Ortsteil Bach (ma. „Bâch“) an der ersten Stelle. Wie der Name es ausdrückt, liegt diese Fraktion an der Drau, die im Volksmund nicht als Fluss, sondern als „Bâch“ bezeichnet wird. Vielleicht fragt man sich heute, wieso diese Siedlung an der Schattseite, ziemlich abgelegen vom Ortszentrum, entstanden ist. Die Antwort gibt wieder der „Bâch“, also die Drau, deren Wasser in früherer Zeit ein wichtiger Energie-Lieferant für Mühlen, Sägewerke und andere Betriebe war.
Mit einer ganz anderen Landschaft stellt sich die sonnseitige Fraktion Bichl vor, dessen Name sicher von „Bühel“ (Hügel) kommt, weil seine Felder wie bei einem Bühel ziemlich steil bergan gehen. Bichl liegt auf der Pustertaler Sonnenterrasse, was früher beim Kornanbau ein Vorteil war, aber in der warmen Jahreszeit bei Trockenheit auch einen Nachteil bedeutet.
Die Ortsteile Heising und Bichl
Ebenfalls die Sonnseite besetzt der kleine Ortsteil Fronstadl, dessen Bauern die steilsten Felder von Strassen zu bewirtschaften haben. Im Namen „Fronstadl“ steckt wie beim Wort „Fronleichnam“ das alte Wort „Fron“, was „dem Herrn gehörend“ bedeutet und auch im Hofnamen „Fronholz“ vorkommt. Diese Bauernhöfe (Stadel) gehörten früher den Grundherren (Adeligen) und wurden von nicht selbständigen Bauern bewirtschaftet, die regelmäßige Abgaben (Korn, Vieh usw.) an die Grundbesitzer leisten mussten. Obwohl Fronstadl etwas abgelegen ist, hat es eine sehr schöne Aussicht auf den Talboden und vor allem auf die gegenüber liegenden Berge, von den Südtiroler Dolomiten über die Karnischen Alpen bis zu den Lienzer Dolomiten.
Die Fraktion Fronstadl
Wohl die geschlossenste Fraktion von Strassen ist Heising, was nichts anderes als „Häuser“ (in der Mundart „Heiso“) bedeutet. Mit einer schönen Kapelle, dem „Heisinger Kirchl“, im Zentrum, breitet sich dieser Ortsteil auf dem östlichen Teil des Thurnbach-Schuttkegels aus, begrenzt vom Thurnbachgraben im Westen, der Bundesstraße im Süden und dem ansteigenden Gelände im Norden. Heising ist, was die Zahl der Häuser betrifft, in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Früher betrieb man mit dem Wasser des Thurnbaches zahlreiche Mühlen, da ja der Kornanbau einen wichtigen Teil der Ernährung der Menschen darstellte.
Mit einem geschichtsträchtigen Namen kann Hintenburg aufwarten. Es weist darauf hin, dass im frühen Mittelalter vor der heutigen St. Jakobskirche eine Burg stand, die Siedlung dahinter wurde „Hintenburg“ genannt. Diese Ortsbezeichnung gibt es auch in Matrei in Ostt., wo der Weiler östlich des Schlosses Weißenstein „Hinterburg“ heißt. Wie Heising liegt auch Hintenburg in der Nähe des Thurnbaches, dessen Wasser als Antrieb für Mühlen und eine Wollkardatsche verwendet wurde.
Der Ortsteil Hintenburg
Nicht schwer zu erklären ist der Fraktionsname Hof, der die Bauernhöfe im südlichen, meist schattseitigen Teil von Strassen zusammenfasst. Bemerkenswert ist, dass alle Häuser, der Egger Hof ausgenommen, nördlich der Drau stehen. Ähnlich wie in Bach müssen einige Höfe in der kalten Jahreszeit bis zu drei Monate lang auf die warmen Strahlen der Sonne verzichten. Dafür werden sie dann im Sommer mit langem abendlichem Sonnenschein entschädigt.
Viel zu erzählen gibt es über den Ortsnamen Messensee. Er geht auf die Römersiedlung Messa zurück, die sich südlich des heutigen Jakobus-Hügels ausbreitete. Als der Sage nach, wahrscheinlich im 12. Jh., der Messensee nördlich des Hügels wegen starker Schneeschmelze im Frühling ausbrach, verschüttete er Messa und hinterließ zwischen dem heutigen Abfaltersbach und Tassenbach einen riesigen Schuttkegel, genannt die Heisinger Höhe. Diese gewaltige Katastrophe hat sich heuer im Kleinen am 20. Juni ereignet, als ein starkes Hagelgewitter im Gericht den Thurnbach so anschwellen ließ, dass er die Egger Brücke fortriss, eine mit Felsblöcken errichtete Steilstufe unterspülte und bei der Einmündung die Drau zu einem kleinen See aufstaute. Messensee ist die älteste und größte Fraktion von Strassen mit vielen Neubauten, vor allem sein Ortskern hat sich stark verändert.
Die Fraktionen Hof, Strassen und Messensee
Die Siedlung an der Straße mit der Dreifaltigkeitskirche und dem Strasserwirt als Hauptgebäuden führte zum Fraktionsnamen Strassen (ma. „Stroße“), der sich schließlich auf den Namen der Gemeinde übertrug und nun mit –ss- geschrieben wird. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, dass früher der Verkehr mitten durch diesen Ortsteil rollte. Heute verläuft er südlich auf der 1977/78 gebauten Umfahrungsstraße.
Der Ortsteil Tassenbach, auf halbem Wege zwischen Strassen und Heinfels an der Einmündung des Tiroler Gailtales gelegen, hat sich im Laufe der letzten 100 Jahre aus einem traditionellen Gasthof mit Landwirtschaft sowie Kapelle und zwei Sägewerken nebst wenigen Häusern zu einer mittelgroßen Siedlung mit Wohnbauten und Gewerbebetrieben entwickelt. Im Dialekt spricht man „Tasnbâch“ mit langem a, was auf die ursprüngliche Lage am Wald („Tasn“) und Tessenberger Bach hinweist.
Der Ortsteil Tassenbach
Spazieren gehen, wandern, Rad fahren, Mountainbiking
Für die einfachste und gesündeste Sportart, das Spazieren, gibt es in Strassen viele Möglichkeiten, entweder auf Asphaltwegen zu bestimmten Ortsteilen und Nachbargemeinden oder auf Waldsteigen z. B. nach Hintenburg oder Fronstadl. Der Spazierweg um den Tassenbacher Speicher hat sich zu einem Hit für Einheimische und Auswärtige entwickelt. Als nahe Wanderziele bieten sich die Fronstadler und Tessenberger Alm sowie der Raggler Boden an. Für ausgedehntere Touren kann man sich Gipfel in den Villgrater Bergen, den Karnischen Alpen oder den Südtiroler Dolomiten auswählen. Einen großen Aufschwung hat das Radfahren genommen, einerseits durch den einmaligen Pustertaler Radweg, andererseits durch die Ausstattung der Fahrräder mit vielen Gängen und nun auch mit Elektromotor. Wer ein Mountainbike oder ein Rennrad besitzt, kann sich natürlich viele nahe und ferne Tourenziele aussuchen. Text und Fotos: Karl Schett
Herrlicher Fernblick vom Heimkehrer Kreuz (2373m) in den Karnischen Alpen
In eigener Sache:
So wünsche ich allen Leserinnen und Lesern der Homepage eine schöne Sommerzeit und einen unvergesslichen Urlaub.
Mir selber wünsche ich, dass bald wieder ein Beitrag von euch vielen Strassener Chronisten und Chronistinnen an dieser Stelle der Homepage erscheint.
Herzlichen Dank für jede Mitarbeit. Gemeindechronist Karl Schett