Der Strassener Dialekt

Chronikbeitrag 3 – März 2017: Der Strassener Dialekt

Wird unser heimischer Dialekt in Zukunft verschwinden?

Dieses Foto zeigt einen Teil von Strassen nach dem 1. Weltkrieg, etwa um 1920. Wie haben damals die Menschen in unserer Heimatgemeinde gesprochen, in welchem Dialekt haben sie sich damals ausgedrückt? Viele Wörter und Redewendungen von damals werden auch heute noch verwendet, manche sind schon fast unbekannt, einige bereits aus unserem Dialekt verschwunden. „Schuld“ daran sind die rasante wirtschaftliche, soziale und mediale Entwicklung der vergangenen 100 Jahre. So ist es wohl höchste Zeit, dass wir alte Ausdrücke des Strassener Dialekts, der natürlich viele Ähnlichkeiten mit der Mundart der Nachbargemeinden ausweist, sammeln und sie so der Nachwelt erhalten.

 Wie soll man Dialektwörter aufschreiben?

Zuerst stellt sich die Frage, nach welcher Einteilung man Dialektwörter aufschreiben soll. Man könnte sie nach Lebensbereichen, wie Natur, Arbeit, Mensch oder nach Haupt-, Zeit-, Eigenschaftswörtern usw. gliedern. Ich habe sie vorerst alphabetisch geordnet, weil man sie dann beim Suchen schneller findet.

Wie soll man die richtige Aussprache der Dialektwörter schriftlich wiedergeben? Ich möchte sie in einer einfach verständlichen Lautschrift aufschreiben. Zwei Beispiele:

maschton: bedeutet „anschaffen, meistern, …

maschton: Die erste Silbe ist betont, daher unterstrichen.

m a schton: Das a wird lang gesprochen, daher ist der Raum für das a verlängert.

patschat: bedeutet "ungeschickt, unbeholfen" Die erste Silbe ist betont, aber das a wird kurz gesprochen.

pâtschat: Das erste a wird nicht als reines a, sondern als Dialekt-a gesprochen.

Bei vielen Dialekt-Wörtern kann man die Aussprache nicht lautgetreu wiedergeben.

 

100 Dialekt-Wörter als erste „Kostprobe“

 A: a nte tian: verletzt, gekränkt werden;

    a mparchte: eines von beiden, entweder – oder;

    audung: (jemanden) beauftragen;

    Ambrelle: Regenschirm (italienisch: ombrello);

    âltvatrisch: rückständig, konservativ;

    âllm: immer, stets (Dialekt im Raum Landeck âlli“)

 

B: Bische: Blumen, blühende Sträucher (Büsche);

    bl o be: blau;

    br o asn: Brot- oder Kuchenreste verstreuen; die Br o asn“ = Brosamen, Brösel;

    Bingl: Beule, aber auch „Zournbingl“, „Herzbingl“ (hd. Binkel, Herzbinkerl);

    Bl o to: Blase (Wâssobl o to, Fâcknbl o to), Eisbl o to (Eisplatte);

    bleckfuißat: barfuß, “bleckntik” (nackt).

    Buttoknolle: rundes Stück Butter, aber auch Blumenname für „Trollblume“;

    bsundo: besonders, eigenartig, andersartig, „bsundra“ Leit, „bsundola;

 

C: ……….                                D: ……….

 

 

Knapper Kinder (Agnes, Hilda, Josefa, Maria, Sepp) und die Hofmann Schneiderin mit Feriengästen ca. 1950

 

E: e alas: nicht gewürzt, nicht gesalzen, geschmacklos;

    Egarchte: Acker, Feld;

    epa(n)s: etwas (epas Guits);

   

F: fleaze: knapp (fleaze gâng = knapp gegangen);

    cke: Schwein, Sau;

    fackl: junge Ferkel bekommen (Facklfâcke = die Sau);

    Frâtze: unfolgsames, lautes Kind (Schimpfwort);

   Fuido: Heuladung, Fuder; Fiadole: kleines Fuder;

   fratschl: ausfratschl, neugierig ausfragen;

   F lo de: papierartiges Wespennest;

 

G: gewarchtig: gefasst, vorbereitet;

    grudl: an empfindlichen Körperstellen berühren, kitzeln;

    g e l: gelb;

    Glump: wertloses Zeug;

    Gâggile: Ei;

    Grâtte:Karren, zweirädriger Wagen (auch abwertende Bezeichnung für Fahrzeug);

    Gregge: lebendiges, aufdringliches Kind (auch Erwachsener), ähnlich wie „O s“;

    gen e rig: lebendig, aufgeweckt;

    gleschpn: glänzen, blenden;

    giggl: neugierig, begehrlich machen;

    Guggl: Blase, kleine Erhebung;

 

H: Hândswill(e): Handtuch;

    Hudo: Fetzen, Tuch zum Aufwischen;

    wo: Hafer; wog a s = Fledermaus;

    hetzig: lustig, eigenartig, komisch;

    Hiwla: senkrechte Stange mit Querstäben zum Heutrocknen (Hiefler);

 

I: ibosche: oben; nidosche: unten; hintosche: rückwärts; virsche: vorwärts, weiter;

   intriwosche: durcheinander;

  

J: ……….

 

 

Doppelhochzeit von zwei Strassener Brautpaaren in Huben 1939

 

K: kilbe: gleichmäßig hoch bewölkt;

    Kuihbluime: Löwenzahn;

    Knâttl: herabhängende Kotreste;

    Knoidl: Wollknäuel;

    koin: kauen; Koipech = Fichtenpech zum Kauen;

    Kutte: Gruppe, Menge, „a Kutte Leit“ = eine Menschengruppe;

   

L: l o be: lau, lauwarm;

    letz: schlecht;

    Langis: Frühling, Lenz.

    lousn: horchen, „Lousa“ = Ohren;

 

M: manga: wenigstens, mindestens;

     m a schton: anschaffen, meistern;

     M e hrlan: Karotten, gelbe Rüben, Möhren;

     maroudig: nicht fit, etwas krank, marod (aus dem Französischen);

     mengl: fehlen, entbehren; >Menglst a nl: Krokus (Blume);

     Malta: Mörtel, zähflüssige Masse;

     Mitta: Mittwoch;

     Mittâk: Mittag;

     Munatlan:  große Gänseblümchen, Bellis (im Garten); 

     Marende: Jause am Nachmittag, maren: jausnen am Nachmittag;

 

N: nâtschl: schmatzen (beim Essen);

    chane: dann, nachher;

    Neinan: Jause am Vormittag (Neunern); neinan: jausnen am Vormittag;

 

O: o stechn: schlachten, „an cke  o stechn“ = ein Schwein schlachten;

     O s: lebendiges, aufdringliches Kind (auch Erwachsener), >“Gregge“;

     o tschefn: abstreifen, säubern (Schuhsohle);

 

P: pâtschat: ungeschickt, unbeholfen;

    pflanzn: necken, spotten (>tratzn, tickn);

    pfe ngn: Töne spielen (z.B. mit Instrument u.a.);

    perchzn: brechen (Hals);

    plâtschedon: laut reden, sich unterhalten;

    P o cht: Staub, Kehricht;

    Pf a t: Hemd;

    P o fa: Umhängetuch (Lätzchen) für Kinder beim Essen;

 

Q: ……….

 

R: r e rn: weinen;

    R a nftl: Rand des Brotlaibes, Weckens;

    R u hme: Rahmen eines Bildes;

 

S: stickl: steil;

    Soldo: Söller, Balkon;

    siffl: eitern, Flüssigkeit absondern, leicht fließen;

    schibon: getrocknetes Gras auf einen „Hiwla“ (Hiefler) schichten;

    Schoubo:Hiwla“ mit Heu („Heischoubo“); Schebole: kleiner Schoubo;

    Schlâttra: unordentlicher Mensch;

    Schl a ka: Gerät zum Herstellen von Butter, „Schl a kamilch“, „Schl a ka treibn“;

    Sch o te: Schatten, aber: Schâttsate = Schattseite;

    Schtr o ße: Straße, „Schtroßawircht“, „schtroßarisch“, in do Schtroße=in Strassen;

 

 

40-jähriges Hochzeitsjubiläum von Maria und Josef Aichner, Schmieder in Bach, 1935

 

T: tratzn: necken, spotten, >“pflanzn“, „tickn“;

    tickn: necken, spotten, >“pflanzn“, „tratzn“;

    Tatte: Vater;

 

U: U mis: Eile, Stress; „an U mis hobm“ = Eile haben, (kommt von „Ameise“);

 

V: vormassn: frühstücken, „s’ Vormass“ = das Frühstück;

 

W: wolfl: billig;

     woltan: ziemlich (viel), „woltan härcht“ = ziemlich hart;

     Weggiskr o ge: Spinne, Weberknecht;

     W i aligschta: Maulwurf;

     wâlgn: wälzen, fallen; „herwalgn“ = hinfallen;

 

X: ……….       Y:……….

 

Z: z a sn: scharren, verstreuen;

    Z a cha: Tränen;                                          Wortsammlung: Margaretha und Karl Schett

 

In eigener Sache:

Vielleicht hat jemand Lust, „schtroßarische“ Wörter zu sammeln und diese mir dann für das zweite „100 Wörter-Paket“ zur Verfügung zu stellen. Vielen Dank im Voraus.

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