Fr25.Jun

Waltraud Mair (87), Strassen, † 5. Juni 2021

Sie war eine begabte, couragierte Frau, die ihre Talente vor allem als Mutter für ihre Familie und als Kirchenchorsängerin einsetzte und ihre Meinung in vielen Lebenssituationen mutig vertrat.

 

Waltraud Mair wurde in der Friedhofskapelle aufgebahrt und in einem ansprechenden Begräbnis verabschiedet. Treffender als Sohn Clemens hätte man ihr Leben und Wirken, verglichen mit einem Konzert in vier Sätzen, nicht darstellen können.

Heimat Assling
Am Bergbauernhof zu Libisell 1933 als zweites von sechs Kindern geboren, wuchs Waltraud, geb. Annewandter, unter kargen Bedingungen auf. Zu Beginn des 2. Weltkrieges begann ihre 8-jährige Volksschullaufbahn, die ihren Hunger nach Bildung, erkennbar im Verschlingen vieler Bücher, nicht stillen konnte. Doch man ignorierte dieses Streben bei einem Mädchen, und Waltraud musste noch Jahre auf dem elterlichen Hof mitarbeiten. Einzig die Hausmusik mit den Geschwistern - sie sang und spielte Geige sowie Hackbrett - bzw. später das gehobene Musizieren im Asslinger Kirchenchor wurden ihren Talenten gerecht, im 1. Satz ihrer Lebensmusik, dem „Allegro risoluto“.

Beruf und Freiheit
Nach Absolvierung der Hebammenschule in Klagenfurt in den 50er Jahren arbeitete Waltraud bis 1967 als Hebamme im Bezirkskrankenhaus Lienz. Der Beruf machte ihr viel Freude, sie verdiente ihr erstes Geld und wohnte in den eigenen vier Wänden hoch über Lienz. Diese wenigen Berufsjahre waren für sie eine Zeit der Freiheit und Selbstfindung, gleichsam das „Scherzo Vivace“ des 2. Satzes.

Familie und Dorf
1966 heiratete Waltraud den Bautechniker Ing. Josef Mair und zog mit ihm nach Strassen. In den Jahren 1967 bis 1971 folgten die vier Söhne Markus und Michael sowie die Zwillinge Christian und Clemens. Trotz der vielen unbedankten Mühen einer Frau und Mutter liebte sie ihre Familie in guten wie in schwierigen Zeiten. Es fiel ihr aber nicht leicht, sich vom bisherigen Berufsleben in Lienz auf das vergleichsweise einfache Leben im ländlichen Dorf umzustellen. So war es für sie umso erfreulicher, dass man sie um ihr Mitwirken beim Kirchenchor Strassen fragte; diesem diente sie mit vollem Einsatz von 1977 bis 2011. Ihrer Freude an körperlicher Bewegung kam sie im Frauenturnen, Langlaufen und Wandern nach, ein paar Freundschaften erweiterten ihre Sozialkontakte. Mit „Andante ma non troppo“ der Musiksprache könnte man den dritten Abschnitt ihres Lebens zusammenfassen.

Ruhestandsjahre
Zum Bildungsweg, der ihr vorenthalten wurde, ermunterte Waltraud ihre vier Söhne, die alle akademische Abschlüsse erlangten und heute in gehobenen Berufen tätig sind. Doch das hatte auch seinen Preis, denn eine neue Ruhe und fallweise auch Leere machten sich in ihrem Leben breit. Hilfreich in dieser Situation war der Pensionsantritt ihres Mannes 1988; so konnten beide mehr Zeit miteinander verbringen, Reisen durch Europa, Asien und Afrika sowie gemeinsame Wanderungen unternehmen. Auch die drei Enkel Tobias, Emmanuel und Benjamin brachten Abwechslung in ihr Leben. Leider dämpften ab der zweiten Hälfte ihrer 70er Lebensjahre immer mehr altersbedingte Leiden ihren Unternehmungsgeist. Nach Jahren der Pflegebedürftigkeit und dem Tod ihres Mannes vor fast genau zwei Jahren bereitete schließlich ein Herzversagen ihrem irdischen Dasein ein Ende. Ihre Lebensmusik klang im 4. Satz, dem „Adagio tranquillo“, aus.
Das Requiem in der St. Jakobskirche, zelebriert von Pfarrer MMag. Hansjörg Sailer und mitgestaltet von Angehörigen, einem Streichertrio aus Lienz und dem Kirchenchor Strassen, ließ zum Schluss bei festlicher Orgelmusik von J. S. Bach, vorgetragen von Sohn Christian, etwas vom himmlischen Musizieren erahnen. „34 Jahre warst du, Waltraud, führende Altsängerin und auch Solistin im Kirchenchor Strassen, wir sagen dir heute ein vielstimmiges Danke“, würdigte Chorleiter Alfred Schett am offenen Grab ihr musikalisches Wirken, während Enkel Tobias auf dem Cello seiner Oma letzte Abschiedsgrüße sandte. KS

Fotos: Karl Schett, Familienfoto: privat.

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