1647 wird der durch Auftrag des Wiener Erzbischofs Breuer in Palermo angefertigte Tabernakel auf dem Hochaltar des Wiener Stephansdomes aufgestellt. 1911 lässt Kardinal Nagl den für den Dom zu kleinen Hostienschrein in die Hauskapelle des erzbischöflichen Palais bringen. Ein Vierteljahrhundert später wird im Osttiroler Dorf Strassen mit der Aufdeckung der gotischen Fresken in der St. Jakobskirche auch der neugotische Hochaltar entfernt. Auf der Suche nach einem Tabernakel kommt man über das Wiener Denkmalamt mit Kardinal Innitzer in Kontakt, der den inzwischen im Dachboden des Domes abgestellten Tabernakel der Pfarre Strassen 1941 schriftlich beurkundet schenkt. Ein Glück für das Kunstwerk, denn sonst wäre es bei der Bombardierung des Domes 1945 zerstört worden.
Im Zuge wiederholter Renovierungen in der St. Jakobskirche entfernte man allerdings 1974 den Altarschrein aus der Kirche, und er wurde 1983 auf Wunsch von Kardinal König dem Dommuseum Wien als Leihgabe für sechs Monate zur Verfügung gestellt, eine Zeit, die man stillschweigend bis 2010 verlängerte. Der inzwischen den Strassenern zur Verfügung gestellte moderne Hostienschrein aus Kupfer blieb eine Notlösung, da weder Ziborium noch Monstranz darin Platz fanden. Auf Grundlage des wieder aufgefundenen Leihvertrages kam es zu Verhandlungen von Seelsorgeraum-Pfarrer Mag. Hansjörg Sailer und Pfarrkirchenrat Ing. Josef Huber mit dem Dommuseum, und Anfang Dez. 2011 kehrte der Tabernakel nach Strassen zurück.
In den ersten Monaten des heurigen Jahres wurde er von Fachleuten in Neustift und Innsbruck restauriert und am 16. April wieder in der Apsis der St. Jakobskirche aufgestellt. Den Unterbau aus heimischem Nussholz sowie den dazupassenden neuen Ständer der Osterkerze fertigte Tischlermeister Sepp Mayr aus Strassen an. ORF Tirol widmete sogar zwei Fernsehbeiträge diesem kunsthistorischen Ereignis.
Feierliche Einweihung
Der 9. Mai wird wieder in die an vielen Veränderungen reiche Geschichte der St. Jakobskirche eingehen, denn beim Christi Himmelfahrtsgottesdienst, musikalisch gestaltet von Kirchenchor und Volk, wurde diese wichtige Kircheneinrichtung von Pfarrer Hansjörg Sailer festlich eingeweiht.
Der Tabernakel ist wie ein Zelt Gottes unter den Menschen, das ewige Licht ist Sinnbild dafür, die Kniebeuge ein Zeichen der Ehrfurcht,
predigte der Seelsorger. Der stellvertretende Vorsitzende des Pfarrkirchenrates Jakob Huber-Sexter ließ in seinem Bericht die 366 Jahre des Tabernakels von seiner Herstellung in Sizilien bis zur glücklichen Heimkehr nach Strassen lebendig Revue passieren. Sein Mitstreiter Josef Huber-Knapper dankte der Landesgedächtnisstiftung und Kulturabteilung Tirol, der Diözese Innsbruck, dem Bundesdenkmalamt, der Gemeinde Strassen und zwei anonymen Großspendern aus dem Dorf, welche, komplettiert durch Eigenmittel der Pfarre, zur Abdeckung der Gesamtkosten von 16.400 Euro beitrugen. Auch die Hilfestellung des bischöflichen Bauamtes, vertreten durch Ing. Klaus Lechner, würdigte er.
Nach dem Hochamt lud der Pfarrgemeinderat alle Einheimischen und Gäste auf dem Kirchplatz zur Agape, das herrliche Wetter und die flotten Klänge der Strassener Böhmischen verstärkten die festliche Stimmung. Bei der nachmittägigen feierlichen Vesper erhielt auch die Monstranz nach Aussetzung und Segenspendung ihren zuständigen Platz im schönen Tabernakel. KS
PKR-Vors.-Stv. Jakob Huber berichtet über die Geschichte des Tabernakels.
Pfarrkirchenrat Josef Huber hat diese Kurzfassung für die HP zur Verfügung gestellt:
Geschichtlicher Hintergrund
Wenn man die Akten genauer studiert, fällt aus, dass es mehrere Varianten zum geschichtlichen Ablauf gibt - manche Dinge basieren nur auf Vermutungen und manches ist nicht mehr zu finden. Der heute hier vorgetragene Ablauf der Ereignisse erscheint mir nach ausführlichem Aktenstudium als die wohl am ehesten zutreffende Variante. Festzuhalten ist, dass dies nur ein kurzer überblick sein kann und daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellt.
1642
Der Wiener Fürstbischof Breuer gibt den Auftrag , für den Hochaltar des Stephansdomes einen Tabernakel in Palermo/Sizilien anzufertigen. Der heute vorhandene Drehmachanismus war ursprünglich nicht vorhanden und wurde erst Jahrhunderte später eingebaut .
1860
Der Tabernakel wird vom Stephansdom in die Hauskapelle des erzbischöflichen Palais gebracht.
1911
Kardinal Nagl lässt den Tabernakel aus der Hauskapelle entfernen.
1937-1941
Unter Pfarrer Tembler wurde der neugotische Hochaltar der St. Jakobskirche abgebaut, die übertünchten Fresken wurden freigelegt, ein Tabernakel wurde gesucht und in Wien gefunden. Kardinal Innitzer hat diesen Tabernakel der Pfarre Strassen geschenkt.Dieser war zu dieser Zeit am Dachboden des Stephansdomes deponiert und wäre 4 Jahre später bei der Bombardierung des Domes im 2. Weltkrieg mit Sicherheit zerstört worden.
1973 (?)
Tabernakel wurde im Zuge der Renovierung der Kirche abgebaut und im Mesner Stadel gelagert.
1983
Leihgabe ans Dommuseum in Wien für ein halbes Jahr, der Zeitraum wurde nochmals um ein halbes Jahr verlängert - danach enden die Akten.
2010
Pfarrer Hansjörg erfährt von der Existenz des Tabernakel und der Leihe ans Dommuseum - einige Gespräche mit dem Direktor des Dommuseum folgen 2011, dieser will nur ungerne hergeben, will aber auch nur einen äußerst bescheidenen Betrag zahlen. Der Pfarrkirchenrat beschließt die Rückholung.
5.12.2011
Rückkehr des Tabernakels nach Strassen nach 28 Jahren Verleihzeit.
Zu den nachfolgenden Bildern:
Pfarrer Hansjörg Sailer weiht die Wohnung des Allerheiligsten aus Marmor, Stuckmarmor und mit Messingverzierungen, auf deren Türchen in kräftigen Farben Jesus dargestellt ist.
Pfarrkirchenrat Josef Huber-Knapper gibt einen überblick über die Finanzierung.
Nach der Aufstellung des Tabernakels am 16. April, von links: Jakob Huber, Anton Wieser, die Restauratoren Bernd Richter und Siegmund Eller, Theresia und Sepp Mayr, dazwischen Oswald Mayr.
Fotos von Karl Schett und Hans Bergmann
https://gemeinde-strassen.at/live/k2-archiv-2/item/165-st-jakobskirche-erhielt-frueheren-tabernakel-zurueck#sigProId33e629ec46