Geschätzter Künstler!
Ich möchte in diesem würdigen Rahmen die Gelegenheit wahrnehmen, um dir, lieber Oswald, zu deinem heutigen 85. Geburtstag auf das herzlichste zu gratulieren! Gratulieren möchte ich dir im Namen aller Gemeindebürger und dir alles Gute für die Zukunft wünschen.
Dir als Ehrenbürger unserer Gemeinde, möchte ich bei dieser Gelegenheit einen tausendfachen Dank aussprechen. Danken vor allem für die geleistete Arbeit und für den persönlichen Einsatz, welchen du im kirchlichen, weltlichen und kulturellen Bereich geleistet hast.
Lieber Oswald!
In deiner persönlichen Beilage zur offiziellen Einladung der Gemeinde steht als überschrift: "Was ich getan habe, habe ich ganz getan."
Diesen Satz können wir alle hier Anwesenden nur unterstreichen, da wir ganz genau wissen, was du für uns alle geleistet und vollbracht hast. Deine Aufgaben hast du mit vollem Elan, mit einer bewundernswerten Begeisterung und zur Zufriedenheit Aller gemeistert. Diese wunderbare Ausstellung mit den meisterhaften Werken, die wir hier um Kultursaal Strassen bewundern können, zeugen von dem Können deines Handwerkes. Für alles möchte ich recht herzlich seitens der öffentlichkeit ein großes Lob und ein Vergelt's Gott aussprechen.
Auch deiner Schwester Theresia sei an dieser Stelle gedankt, die dich in schwierigen Zeiten betreut hat, und die als Künstlerin viel zum gemeinsamen Erfolg beigetragen hat. Ein alter Spruch lautet: "Jahr um Jahr vergeht, bis wir heranreifen für die Ewigkeit."
Gemäß diesem Spruch wünschen wir dir, lieber Oswald, viel Freude, vor allem viel Gesundheit, und Gottes Segen, sowie einen möglichst langen und unbeschwerlichen Lebensabend in deiner Wahlgemeinde Strassen.
Zum Abschluss verlas der Bürgermeister Friedrich Wieser ein Gratulationschreiben des Bürgermeister-Kollegen, Herrn Franz Schön, aus Haj's. In dieser Stadt hat Prof. Kollreider an mehreren Symposien teilgenommen und ist er auch Ehrenbürger dieser Gemeinde.
Laudatio von Dr. Leo Andergassen
Lieber Oswald und liebe Thresl Kollreider!
Sehr geehrte Festgäste und Freunde!
Die Abstände des Feierns markieren einschneidende Wegstationen. Oswald Kollreider feiert heute seinen 85. Geburtstag. 85 Jahre reichen an Methusalem heran, ohne jetzt sagen zu wollen, dass Kollreider alt geworden wäre. Denn so wie seine Bilder noch heute vor uns leuchten, und er in ihnen, schauen uns junge Augen entgegen, die nichts von Altersblindheit angenommen haben. Der Blick auf Menschen und Landschaft, auf Genre und Sujet, auf äußeres und Inneres ist so frisch wie am ersten Tag, hat gewissermaßen Schöpfungsqualität. Und so ist uns die Eröffnung der Ausstellung anlässlich des Geburtstages wieder einmal ein Grund, nicht nur die Person Oswald Kollreider hochleben zu lassen, sondern sich mit ihr zu beschäftigen. Es ist ein Glück für uns alle, dass der Gefeierte in unserer Mitte ist. Leibhaftig, inmitten seines Lebens, auf das Leben zurückreflektierend, inmitten seines wenn auch symbolisch dezimierten Werkes, inmitten seiner unbändigenden Arbeitskraft, inmitten seines nimmermüden vergegenständlichenden Blicks, inmitten von Leuten, die er ins Herz geschlossen hat, und die ihn in ihr Herz genommen haben.
Oswald Kollreider heute zu feiern, heißt, einen reflektierenden Blick auf sein Lebenswerk zu werfen. Dies ist vielfach bereits getan worden. Revue gehört zum Unterhaltungsmuss am Jahresende. Kunstrevue sozusagen üben wir heute. Aber es bedeutet uns an dieser Stelle mehr. Die Erinnerung an den Anfang liegt sozusagen nur eine Steinwurf weit. Geboren 1922 in St. Oswald. Vom Kirchenheiligen hat der Täufling nicht nur den Namen bekommen, er hat gleichsam die Verwurzeltheit vor Ort mit in die Wiege gelegt bekommen, die ihn einen festen Platz gab, die bergende Höhle, den freien Raum zum Schaffen und die Adresse für die Rückkehr von fernen Fahrten. Beides gehört zu Kollreider: das Wissen, wo man daheim ist, und das Wissen um die Heimat in der weiten Welt, die ihn immer wieder anzog und der er seinen Blick schenkte. Die Welt mit den Augen des Tirolers besehen, der in großer Armut aufwuchs, was ihn aber besonders befähigte, den Herzensreichtum der Welt ins Auge zu nehmen. Der Mesnerbub aus St. Oswald, der er in seinem Innersten immer noch ist, hat sich die Neugier auf festlich geschmückte Hochaltäre und die Geduld mit kargen und spartanischen Fasteninszenierungen in Kirche und Küche bis heute bewahrt. Was in seiner Kindheit ablief, war ihm Wahrnehmungsprogramm ein ganzes Leben lang. Und so ist er verwurzelt, er weiß, dass es die größte Abwechslung in den vielen Landschaften und in den Landschaften menschlicher Gesichter gibt. Darin spiegelt sich die Heimat des Künstlers, der gerade aufgrund seiner Art die Dinge zu sehen, über die äußere Kargheit immer zum inneren Reichtum vordringt. Keine Oberflächenchirurgie wird hier betrieben, es ist der Blick des Ehrlichen auf das was sich vor seinen Augen auftut.
Nach dem Besuch der Wiener Akademie, abgehungert um die Leidenschaft der Lehre aufzunehmen, fällt mit dem Aufenthalt in den Kohlengruben des Ruhrpott ein erster Schwerpunkt, wo er nicht weniger als 223 Kohlezeichnungen schuf, die ihm große Achtung einbrachten. In den frühen Rezensionen von 1952 steht bereits der Kollreider von heute vor uns: Zwar ist der Name Kollreider als Wollreider transkribiert, man wollte ihn anscheinend etwas verweichlichen, seine Arbeiten fallen aber ins Auge, wobei neben der meisterhaften Beherrschung des Stoffes sein ausgeprägter Sinn für das soziale Dasein der Bergleute auffällt. Dabei kommt er vom Thema her in die Nähe einer großen Künstlerin des Jahrhundertsanfang, Käthe Kollwitz, ohne allerdings die politischen Implikationen gleichzuziehen. Anlässlich der Bergleuteausstellung in Bövinghausen wird ihm prophezeit: "Nur soviel sei gesagt, dass der Bergmannskünstler Kollreider zu den besten Hoffnungen Anlass gibt. Es wird ihm sicher gelingen, sich die verdiente Anerkennung zu verschaffen." Und dies sollte sich bewahrheiten.
Er ist sich selbst treu geblieben, und die Erkenntnis von damals zeichnet sich bruchlos durch sein überreiches Werk. Auch die Erfolge in seiner Heimat, der er unverbrüchlich verbunden blieb, waren anfänglich gezählt und schwer. Erste Ausstellungen in Lienz. Von einer 1954 in den Räumen der Handels- und Gewerbekammer in Lienz veranstalteten Ausstellung kam der Kunstkritiker zur überzeugung: "Die Bewältigung eines derart weit gespannten Arbeitsfeldes erforderte zudem eine Vielgeleisigkeit in der Beherrschung des Technischen. Alles in Allem also Gründe genug, um bei einem jungen Künstler die Gefahr des Auseinanderklaffens im Werke heraufzubeschwören. Um so beglückender war daher für den Besucher der Gesamteindruck der Ausstellung. Bei aller Vielseitigkeit Kollreiders bot sich sein Schaffen in einer Geschlossenheit dar, die eine seltene Reife verrät."
Zahlreiche Anerkennungen sind dem Künstler zugeflossen. Anlässlich seines 50. Geburtstages war in der Lokalpresse zu lesen: "Kollreider zählt zu den Malern, die vielfach ausstellten und dessen Monumental- und Kleinkunstwerke bei Liebhabern größten Absatz finden, dies im In- und Ausland, denn er zählt zu den bedeutendsten Künstlern weit über seine Tiroler Heimat hinaus". Und gleichzeitig ärgerte sich Dr. Anton Egger über eine auf die Schnelle zusammengetragene Ausstellung in Lienz und unbegründeten Zuckerguss in der Presse. Gelegentlich ist der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, dass neben all der Anerkennung es wohl der bescheidene Charakter des Künstlers war, dem in einer Sozialisation der Gleichgeschaltetheit anerzogen worden war, seinen Kopf nicht gegen das Vergessen zu erheben.
Wenn wir heute in dieser Verkaufsausstellung den Blick von Bild zu Bild schweifen lassen, so wird alles lebendig. Die Vielfalt der Themen, die Meisterschaft in Aquarell und Temperamalerei zeigt uns einen pastosen, fast schon farbzornigen Kollreider aber auch jenen der leisen Töne. Das Beiläufige an Objekten und Gesten hat Kollreider interessiert. Es sind nicht die Themen der Tagespresse, es sind Gesichter, die vom Herzen aus gesehen sind. Seltene Arbeiten aus der Kohlezeit unter Tag, Bilder von Menschen aus fernen Ländern, Landschaften, Einblick in die Tätigkeiten des Menschen. Es hat den Maler immer wieder die Aktion interessiert. In vielen Bildaufnahmen kommen Motive vor, die einzelne Menschen bei ihrer Beschäftigung zeigen, so als wollte Kollreider, ebenfalls im kreativen Akt, sich in eine konkurrenzierende Situation stellen und den Produktionsakt Kunst selbst zur Arbeit deklarieren. Dass es für ihn Arbeit war, zeigt die oft zitierte Erinnerung an den Ausspruch der Leute, sie, die Thresl müsse "Holz kloibn" und er gehe "mit einem Papier umanondor". Das Umherschweifen mit Papier und Farbe ist letztlich der beschwerliche Broterwerb eines Malers, der es auch schaffte, von seiner Kunst zu leben. Und dies ist keine Selbstverständlichkeit. Dies setzt die Auffassung eines Künstlers voraus, der sich nicht andingt, sondern der ist in der letzten Konsequenz seines Seins, ohne Wenn und Aber, ohne Spekulation auf Auftrag und Beschäftigung. Die Bilder sind nicht Marktauftrag, sie sind das reinste "l'art pour l'art" aus dem freien Willen des Schaffenden entstanden, allein für ihn selbst, für sein Augenlicht auf Welt und Mensch. Und dies hält Kollreiders Kunst für annehmbar, weil keine verzerrende Linse zwischengeschaltet ist, die das Geschmäcklerische und Modeorientierte, den Trend zur Maxime macht. Man hat sich sicher auch gewundert Kollreider malte noch im ausgehenden 20. Jahrhundert "altmeisterlich", in akademischer Manier, mit dem traditionellen Blick auf Motiv und Inhalt. Und es gib wahrlich kaum eine Tendenz hin zur Auflösung des Blicks im Abstrakten, wenngleich Kollreider die Auflösung nur soweit betreibt, als sein Blick das Geschaute immer noch fassen kann. Somit behält der Blick das kommunikative der Botschaft. Oswald Kollreider ist sich so mehr als treu geblieben, gerade wegen seiner innerer Wandlung, die ihn immer mutiger werden ließ im Umgang mit Farbe und Form.
Bilder sind um uns, Bilder von Menschen, Bilder der Landschaftswelt aber auch Bilder des erhöhten Gottmenschen. Es ist der Blick auf das Leben in seiner Unversehrtheit, in seinen Zufällen und Akzidenzien, im Gewollten und Beabsichtigten, dass Kollreider den Glauben der Kindheit, verinnerlicht im außeralltäglichen Ambiente im Festraum der Kirche, nie abgelegt hat. Freilich fällt auf, dass sein Blick auf das Gottesbild gewiss einer Reifung unterliegt. Gerade in seinen frühen Jahren ist der welthungrige Kollreider alles andere als ein Ikonenmaler, und er ist es auch später nicht. Es gibt keinen Bruch zwischen dem Dasein und dem Dortsein. Die Transzendenz wird mit dem Auge und der Vorstellung der Welt besehen und hebt sich davon ab in einer intensiven Verinnerlichung dessen, was den Menschen ausmacht. Kollreider ist sich sicher, dass gerade in der Bildwahl leidender Kruzifixe, anatomisch schmerzsezierter Piet'gruppen oder mystischer Stigmatisationen nur eine Tiefe erreicht werden kann, die sein Gefühl des Mitleids auf einen Prüfstein legt. Er weiß sich zu vertiefen, über Tage hin, wo er sich dem Mysterium hingibt ohne zum Mysterienmaler zu verkommen. Es bleibt für ihn die Grundmeditation, das Nachdenken über den in ihm gesehenen Grund, der ihm Anker st. Er hat sich am Gründonnerstag eingesperrt, um in seiner Kunst den Karfreitag durchzumalen. Hier tut sich ein Feld er Mystik auf. Was nicht erfahren wird, was nicht dem Leidenszustand, der Passion des Malers entspringt, bleibt in seiner Wirkung an der Oberfläche. Es sind durchlittene Bilder, Bilder einer Compassio, in der Schmerz und Leid zur Eigenerfahrung geworden sind. Dass gerade auffällig in den Passionsszenen eine große Distanz zum festgefügten Pinselstrich wahrzunehmen ist, hat nicht zuletzt mit dem Inhalt dieser Bilder zu tun, die den Maler in seiner Selbstreflexion zu unerwarteten Loslassen animierten, die in eine Art Befreiung auslief. So wird der Schrei im Bild zu einem befreienden Schrei des Malers selbst. Und von den frommen Bildern weg gibt es auch keine grundsätzliche Differenz zum Blick des Alltags. Es ist nur eine andere Erfahrung, das Ergebnis einer ganz anderen Fahrt, wo es die Abcheckliste nicht mehr braucht, sondern das Weglassen all dessen, was zu sehr an äußerer Konzentration festhält. Letztlich ist es dieselbe Fahrt, die bei der Herstellung eines Porträts beschritten wird. Auch die Reise ins Innere des Menschen ist eine Fahrt, die abenteuerlich enden kann, wo der Gipfel im Festhalten des Wesens liegt, das quasi als liebevoller Röntgenblick auf das Papier kommt. Und Papier ist letztlich der Lieblingsgrund des Malers. Kaum eine Leinwand findet sich, und dies nur bei großen Formaten. Dabei bekommt Kollreiders Kunst immer den Charakter der Skizze, des Pensiero, des Entwurfs. Es ist in der Selbstgeringschätzung des Künstlers gesagt, dass er seine Arbeiten nicht als letztgültige Antwort sieht auf die Fragen der Zeit und der Zeitgenossenschaft. Er selbst genügt sich in seinem Schaffenden Sein, das viele Bewunderer kennt. Gerade die Technik des Aquarells erfordert die flinke Erfassung und die Festigkeit in Farbe und Komposition. Es kann bei Kollreider auch nicht schnell genug gehen, ohne dass er zum Schnellmaler geworden wäre. Die Aquarelle atmen die Leichtigkeit der Welt, quasi diametral entgegengesetzt zur Gelegentlichen Schwere, wie sie pastosen Temperabildern anhaftet. Viel Farbe liegt auf den Arbeiten, die gelegentlich einem Relief gleichen, das in großer Kraft das Dreidimensionale ausdrückt. Und es ist bezeichnend, dass Kollreider in den tiefsten Momenten, den Berührendsten Gegenständlichkeiten, den flüchtigsten Ikonen zum dicken Auftrag neigt, als wollte er Unwiederkehrbares festhalten.
Die heute zu eröffnende Verkaufsausstellung zeigt durchaus auch seltene, rare Bilder aus früheren Jahren, die gerade in der festen Tempera in großer Farbigkeit dem Leben auf die Spur folgt. Es sind Arbeiten aus den 60- und 70-er Jahren dabei, wie überhaupt der von mir ausgesuchte Bogen in der Summe das gesamte Werk überspannt, das letztlich in die Tausende geht. Tausende Bilder, tausende Augenblicke. Die Sammler und Freunde des Künstlers wissen aus dem täglichen Dialog mit den Bildern zu schätzen, welch heitere Freude und welch ehrlicher Blick in ihnen liegt.
Kollreider hat sich nie als Manager seiner selbst verstanden. Keine Vermarktungsstrategie verhalf ihm zu großem Ruhm und zu unerschwinglichen Preisen. Als ein Maler der weiß wo seine Wurzeln sind, wusste er seine Kunst einzuordnen in den Gebrauchscharakter des Anspruchs. So wie 1999 anlässlich einer Ausstellungseröffnung in Kartitsch Professor Sint zitiert worden ist, der einmal aussprach: "Kollreiders Werk ist in seiner Vielfalt, Vielschichtigkeit und in seiner zahl kaum überschaubar in tausenden Skizzen mit sparsamen Strichen das Wesentliche einer Person, das Charakteristische seiner Haltung in zarteste Aquarelle gebannt, in Sgrafitti geschnitten oder in öl und Tempera gemalt.", so kann dies auch heute noch gelten. Die Künstlerfahrten in die Ferne sind mit dem Zweck behaftet, den eigenen heimatlichen Wurzeln in der Ferne auf die Spur zu kommen. In Landschaften und Blumen, in Gesichtern und Handlungen hält Kollreider das in seiner flotten Zeichentechnik und seinem pastosen Farbauftrag fest, was man ruhig als Seelenbilder bezeichnen könnte. Es gibt keinen Bruch, ob hier oder da, es gibt keine sozialkritische Note, es gibt ein farbiges Staunen und eine große Freude am Leben, die sich in seinem Werk in bunten Farben zeigt.
Man kann sagen, Oswald Kollreider hat sein Leben lang gemalt, sein Leben gemalt, in aller Doppeldeutigkeit, die der Satz in sich hat. Sein Leben malen, heißt, letztlich im Bild auch die erste Freude und die letzte Gewissheit zu haben. Was andere ein Leben lang denken, in Worte fassen, schaustellern und arbeiten, das hat Kollreider in verschiedenen Formen, in unterschiedlichen athmosphärischen Zuständen in das Medium der Farbe und in die erfahrbaren und zugleich bemessenen Grenzen des Bildrahmens übertragen.
Oswald Kollreider sieht seine Künstleraufgabe aus der örtlichen Verwurzeltheit. In seiner Eigenbewegung zeichnet sein Leben in der Summe keine großen Sprünge, der Weg von Kartitsch nach Strassen beschreibt seine Lebenswanderschaft. Es kommen immer wieder Aufenthalte im Draußen, weit weg. Um durch die Distanz erneut die Nähe ertragen zu können und sie verstehen zu können. In Schichten wurde Heimat aufgebrochen, in der Ferne liegen Kollreiders Bildthemen. Er ist kein Heimatmaler, auch nicht einer im besten Sinne, kein Defregger, kein Egger-Lienz, kein Bachlechner. Auf weiten Reisen hat Kollreider seine Persönlichkeitsnische gefunden und die Welt in sich selbst entdeckt.
Vor uns liegt ein Lebenswerk, das sich ganz dem produktiven Schöpfungsprozess des Bildes verschrieben hat. Und ich glaube, die in den Bildern innewohnende Selbsterfahrung des Autors ist das, was ihre Größe ausmacht. Was Peter Handke im "Bildverlust" zur idealen Landschaft kreiert, ist die Gegenwelt zur Bildermasse, wie sie uns moderne Menschen umgibt. Diese verstellt jedoch den Blick auf die eigenen, selbst erlebten und angeeigneten Bilder, auf die eigene Anschauung. Allein in einer utopistischen Kommune, wohin sich Menschen vor dem Bildverlust gerettet haben, gewinnen die Protagonisten die Einsicht, dass im Schauen aller Anfang begründet liegt, der Anfang für eine Erfassung und Vorstellung vom eigenen Selbst und von der Welt. Kollreider ist sich der Notwendigkeit einer dergestaltigen Anschauung längst bewusst und seine Auseinandersetzung mit dem Bild mutet an wie eine einsame Insel, auf der sich noch natürliche Augenerfahrung quasi wie im Reservat erhalten hat. Nicht jener ist stark, so eruiert aus Handkes Roman, der sich abschließt, sondern der, der sich öffnet.
Wenn durch die generöse Schenkung durch Oswald Kollreider 2005 ein Querschnitt seines Lebenswerks auf Dauer dem Diözesanmuseum in der Brixner Hofburg übermittelt wurde, und mit diesem eine Fülle von Dokumenten seiner Reisen, Ausstellungen und Begegnungen, so bedeutet dies für das Haus die Verpflichtung, eine Heimat zu sein für einen Großen, der sein Menschsein ins Bild gefasst hat. 45 Arbeiten hat Kollreider gewissermaßen als Vermächtnis für die öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Brixner Hofburg bleibt somit der Ort der Begegnung mit den Arbeiten des Künstlers. Und so bleibt sein Leben auch für Morgige wach. An dieser Stelle darf ich auch die herzlichsten Glückwünsche des Präsidenten Dr. Josef Gelmi übermitteln, der heute hier zu sein leider verhindert ist.
Abschließend möchte ich aus einem gewiss sehr persönlichem Schreiben zitieren, das 1971 Hermann Steidl an Oswald Kollreider gerichtet hat:
....Manch einer zuckt die Achseln, wenn er zu hören bekommt, dass jedes Menschenleben eigentlich schon das Bild ist, in dem wir Gott ganz finden können;
dass er nirgends so vollkommen zu finden ist wie gerade in Menschenaugen und Menschenherzen, in menschlicher Liebe und menschlichem Leid.... Die Begegnung mit dir, Ossi, einem Menschen voll gebender Offenheit, einem Menschen voll Leben und Freude, einem Menschen der unbedingten Ehrlichkeit - ist eine Begegnung mit Gott, der uns konkret in solchen Menschen gegenübersteht.
Durch dein Leben bist du zu einem Verkünder der Liebe geworden, möchte fast sagen zu einem Priester, ... Die Freude mit dem Bild "Der Hände" ist unbeschreiblich, gibt es mir doch die letzte Ruhe und Gewissheit, letztlich und eigentlich - trotz und in aller Hektik - in unendlich ruhigen und bergenden Händen zu ruhen."
Dem am Ende ausgedrückten Dank dürfen wir uns alle anschließen. Heute in Festesfreude und Augenblick, morgen in Erinnerung.
Dankesworte des Künstlers
Das Geburtstagskind Prof. Oswald Kollreider bedankte sich bei den zahlreichen Gratulanten, Einheimischen und Freunden für das Kommen. Im prall gefüllten Kultursaal war er sichtlicht gerührt und freute sich über die Wertschätzung, die ihm entgegengebracht wurde.
Die Bescheidenheit des Malers Kollreider zeigte sich dadurch, dass es sein Wille war, von der überreichung materieller Geschenke Abstand zu nehmen. Die Bäuerinnen von Strassen sowie Mädchen der Landjugend servierten nach dem Festakt herrlich dekorierte Brötchen und Getränke. Der Festakt wurde in gewohnter Weise von einer Bläsergruppe der Bundesmusikkapelle Strassen unter der Leitung von Kapellmeister Franz Wieser musikalisch umrahmt.
Bürgermeister Alois Klammer von Kartitsch
Der Bürgermeister der Nachbargemeinde Kartitsch, Alois Klammer, überbrachte die Glückwünsche zum Geburtstag.
Nachdem der Jubilar auch Ehrenbürger der Gemeinde Kartitsch ist, und er auf materielle Geschenke verzichtete, lud ihn der Redner zu einem feierlichen Gottesdienst in der Kirche "St. Oswald" recht herzlich ein. Anlässlich dieses Gottesdienstes will den Jubilar seine Heimatgemeinde bedanken und ehren.