Die Nachricht über das unerwartete Ableben von Friedrich Wieser sen. löste in Strassen und weit darüber hinaus ein wehmütiges Gedenken aus. Hunderte nützten die Gelegenheit zu einem Gebetsbesuch bei dem im Wohnhaus aufgebahrten Verstorbenen. Ebenso zahlreich war die Teilnahme am Begräbnis, trotz herrschender Kälte bewegte sich ein langer Trauerzug vom Heimathaus bei der Tischlerei Wieser über Heising bis zur St. Jakobskirche. Seelsorgeraum-Pfarrer Mag. Hansjörg Sailer, assistiert von den beiden Strassener Priestern, Stefan Bodner und Josef Wieser (Cousin des Verstorbenen), feierte den Sterbegottesdienst. Der Männerchor Strassen intonierte zum Anlass getragene Gesänge, die Angehörigen brachten sich mit Lebenslauf, Lesung und Fürbitten ein, als Meditation erklang mit passendem Text das bekannte Hobellied. Auf dem Friedhof demonstrierten die Abordnung der Schützenkompanie sowie die gesamte Freiwillige Feuerwehr und die Bundesmusikkapelle mit Fahnengruß und Lied vom guten Kameraden die feierliche Verabschiedung.
Gemeinderat und Bürgermeister
Bgm. Franz Webhofer würdigte das öffentliche Wirken seines Amtsvorgängers. Demnach setzte Friedrich Wieser 1972 bis 2010, also 38 Jahre, seine Fähigkeiten für die Gemeinde Strassen ein, und zwar die ersten acht Jahre als Gemeinderat, danach zwölf Jahre als Gemeindevorstand, weiter sechs Jahre als Vizebürgermeister und zuletzt zwei Perioden, 1998 bis 2010, als Bürgermeister. In dieser Zeit als Gemeindeoberhaupt wurden wichtige Projekte für die Gemeinde verwirklicht, wie Umbau und Zubau von Volksschule und Kindergarten 1998-2000, neue Feuerwehrzentrale 1999-2002, Friedhofserweiterung 2003-2004, Renovierung des Kriegerdenkmals 2003-2004 und Neugestaltung des Gemeindeamtes 2009. Der Erwerb und die Restaurierung der Maria Hilf-Kapelle in Tassenbach 1999-2003 war ihm ein persönliches Anliegen. Zudem übte er Funktionen bei der Raiba Sillian-Strassen, im örtlichen Wirtschaftsbund und Tourismusverband aus, war 45 Jahre Mitglied der Bundesmusikkapelle sowie 62 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr Strassen. All dieses Tun war geprägt von Handschlagqualität und sozialem Verantwortungsgefühl, besonders am Herzen lagen ihm die Vereine und die dörfliche Gemeinschaft. Für diesen großen Einsatz verlieh ihm die Gemeinde Strassen 2007 die Ehrenbürgerschaft und die Musikkapelle die Ehrenmitgliedschaft. Das Land Tirol ehrte ihn bereits 1994 mit der Verdienstmedaille.
Vom Lehrling zum Tischlermeister
Die ersten Fachkenntnisse erwarb Friedrich bei seinem Vater in der einfachen Werkstätte zu Hörmer in Heising. Später absolvierte er die Tischlerlehre bei Meister Pompanin in Abfaltersbach und machte die Kurse zur Meisterprüfung, wobei er gleichzeitig in der Tischlerei Wieser in Hatting den notwendigen Lebensunterhalt verdiente. 1963, als 26-jähriger Meister, gründete er die eigene, damals 36 m² große Tischlerei im Heimathaus. 1965 erfolgte der Neubau der Werkstätte, die 1980, 1990 und 2006 durch Zubauten erweitert wurde, sodass sie heute eine Produktionsfläche von 3.600 m², die zehnfache der ursprünglichen, aufweist. Mit seiner Frau Regina fand Friedrich eine kongeniale Partnerin, welche durch Jahrzehnte die gesamte Verwaltungsarbeit erledigte. Neben der Produktion widmete sich die Tischlerei Wieser intensiv der Lehrlingsausbildung, was mit mehreren Landessiegen und sogar Bundessiegen bei Lehrlingswettbewerben und einem verlässlichen Mitarbeiterstab belohnt wurde. 1998 übergab er den Betrieb seinem Sohn Friedrich, 2013 konnte man das 50-jährige Bestandsjubiläum feiern. Landesinnungsmeister Klaus Buchauer erwähnte in seiner Ansprache auch, dass Wieser jahrelang Bezirksinnungsmeister, Mitglied der Landesinnung sowie auch der Lehrlings- und Gesellenprüfungskommission war.
Seine Familie
Friedrich wurde 1937 als drittes von zehn Kindern (zwei verstarben im Säuglingsalter) seiner Eltern Josef und Armella Wieser im heute nicht mehr bestehenden Loisler Haus in Messensee geboren. Der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit bedingten eine einfache Kindheit. 1950 konnte man endlich wieder in das Heimathaus zu Hörmer in Heising zurückkehren, aber am 25. Sept. starb unerwartet sein Vater Josef, der außergewöhnliche Kapellmeister, was für Familie und Gemeinde ein großer Verlust war. Nun musste Friedrich mit seinem älteren Bruder Josef die Vaterrolle übernehmen und wegen der kargen Ernährungssituation mehrere Geschwister zu Kost und Arbeit an verschiedene Bauern abgeben. Auch er selbst verdingte sich als Knecht und später als Holz- und Straßenarbeiter, bis es ihm wieder gelang, die Geschwister ins Heimathaus zurückzuholen. Mit der Tischlerlehre in Abfaltersbach und der Meisterprüfung begann endlich ein zukunftsorientiertes Leben, das im Okt. 1968 durch die Hochzeit mit Regina geb. Weiler eine glückliche Wende nahm. Drei Mädchen und zwei Buben komplettierten das Eheglück. Die Kinder erhielten eine gediegene Ausbildung und besonders freute es den Vater, dass Sohn Friedrich den Betrieb weiterführt, auch der jüngere Michael darin tätig ist und fünf Enkelkinder für Abwechslung im Großeltern-Dasein sorgten.
Zeitlebens war Friedrich für all seine Aufgaben mit einer robusten Gesundheit ausgestattet, die nur im letzten Lebensjahrzehnt durch eine Krankheit beeinträchtigt war, die in den vergangenen Monaten zu Organversagen führte. Von diesem bereits gezeichnet, ließ er sich am 12. Okt. mit der Rettung nach Hause bringen, um zum 50-jährigen Hochzeitsjubiläum bei seiner Familie zu sein. Die Wochen danach waren erfüllt von schmerzlichem Leiden, von dem er schließlich im Krankenhaus Lienz am 12. Dez. erlöst wurde. Als charaktervoller Mensch und Familienvater, als weitblickender Tischlereichef und verantwortungsvoller, aktiver Bürgermeister wird er allen in Erinnerung bleiben. KS
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