Sie war eine einfache, zufriedene und tief religiöse Frau. Die Arbeit am heimatlichen Bauernhof in Strassen und im ehemaligen Bundeskonvikt in Lienz prägten ihr Leben.
„Meine Großtante Nanna lebt im Wohn- und Pflegeheim Lienz, wo sie sich wohl fühlt. Hin und wieder besuche ich sie dort. Trotz ihres hohen Alters weiß sie immer lustige Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen. Sie ist nur 1,57 m groß und sehr zart gebaut. Ihre Handflächen sind schön weich. Dünne weiße Haare, zu einem Zopf geflochten, bedecken ihren schmalen Kopf. Graublaue Augen, eine gerade Nase, anliegende Ohren und ein schmaler Mund geben ihr ein gepflegtes Aussehen. Die Falten in ihrem Gesicht erzählen von einem langen arbeitsreichen Leben.“ So beschrieb der zehnjährige David seine Großtante vor Jahren in einem Schulaufsatz, den er in voller Länge als „Lebenslauf“ beim Begräbnisgottesdienst vortrug.
Das Leben von Anna Wurzer begann 1926 auf dem Peterer Hof in Strassen/Bichl. Als zweites Kind ihrer Eltern Franz Wurzer und Maria geb. Bürgler hatte das Nannile vier Geschwister, wobei ihr jüngster Bruder Jakob schon 1937 knapp einjährig verstarb; dafür wurde damals ein Mädchen angenommen, ihre Ziehschwester Marianne. Ihr zweitjüngster Bruder Josef, verheiratet in Schwaz, lebt noch. Kindheit und Jugend von Nannile fielen in die Zwischenkriegszeit und in die schlimmen Jahre des 2. Weltkrieges. Da hieß es schon als Jugendliche bei den bäuerlichen Arbeiten fest anpacken. Diesem Beruf als „Mädchen für alles“ am Heimathof blieb sie fast 35 Jahre treu.
Im Jahr 1974, als sie schon fast 50 Jahre alt war, suchte sie einen neuen Arbeitsplatz, um eine bessere Pension zu erreichen und niemandem zur Last zu fallen. Als Arbeitskraft für Küche und Reinigung fand sie im damaligen Bundeskonvikt eine geeignete Arbeitsstelle. Bald klappte es auch mit einer eigenen Wohnung, sodass Nannile rundum zufrieden war. Nun ging auch ihr Wunsch in Erfüllung und sie konnte an einigen Pilgerfahrten nach Rom, Medjugorje und sogar ins Heilige Land teilnehmen. Auch nach der Pensionierung 1986 blieb sie in ihrer Wohnung und konnte sich selbst versorgen, obwohl ihr Augenlicht später sehr nachließ. Erst als sie 2010 nach einem Unfall einige Wochen im Spital verbringen musste, kam sie ins Wohn- und Pflegeheim Lienz, wo sie am 25. Jänner, geschwächt durch ihr hohes Alter, verstarb.
Obwohl Anna über 40 Jahre in Lienz lebte, durfte sie als Verstorbene wieder in ihre Heimatgemeinde Strassen zurückkehren, wurde in der Friedhofskapelle aufgebahrt und in einem würdigen Begräbnis verabschiedet. Die Angehörigen bereicherten den Gottesdienst mit passenden Texten und die Bläsergruppe Strassen verschönerte Messe und Beerdigung mit klangvollen Weisen. Zelebrant Pfarrer Mag. Hansjörg Sailer meinte in seiner Ansprache, dass manche Verheißung aus dem Magnifikat der Muttergottes auch auf Anna zutreffe.
„Besonders wichtig war meiner Großtante der Besuch der hl. Messe oder eine Wallfahrt nach Maria Luggau. Jedes Jahr holten wir sie zu Weihnachten in unser Haus, um gemeinsam mit ihr dieses schöne Fest zu feiern. Darüber freute sie sich immer sehr“, erinnerte sich Großneffe David in dem von ihm verfassten „Lebenslauf“ an seine tief religiöse Großtante. Nun darf Anna der Muttergottes in der anderen Welt begegnen und dort ein ewiges Weihnachten feiern. KS
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