In der kleinen Fraktion Bach herrscht eine hektische Stimmung. Der dreitägige Dauerregen zu Septemberbeginn hat die Bäche stark ansteigen lassen. Die Hochwasser führende Drau umspült schon die Grundmauern der Schmieder Gebäude. Da geben die Fundamente der Schmiede- und Wagner-Werkstatt nach, und es ist höchste Zeit, die darüber liegenden Wohnräume zu verlassen. Mit Sack und Pack flüchten die jungen Familien im Morgengrauen zum Nachbarhaus.
Hochwasser 1965
Tage später wird das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Die Werkstätten sind großteils weggerissen, die Räume darüber desolat und die obdachlosen Familien finden vorläufig Unterkunft bei Verwandten. Das Schmieder Bauernhaus weiter westlich ist auch beschädigt und muss vorne mit Baumstämmen gestützt werden. Der 31-jährige Hoferbe Johann steht ohne Werkstätten und mit gefährdetem Heimathaus da. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als einen sicheren Baugrund nördlich der Bundesstraße zu erwerben, wo er schon 1966 mit dem Neubau des Bauernhauses beginnt, in das er noch im gleichen Jahr mit seiner Familie einzieht. Im Jahr darauf errichtet er auch die neue Schmiedewerkstätte.
Huf- und Wagenschmied
Johann Aichner, 1933 als Ältester von sechs Kindern zu Schmieder in Bach geboren, begann gleich nach der achtjährigen Volksschulzeit bei seinem Vater die Lehre zum Huf- und Wagenschmied mit der vierjährigen Berufsschule. Um den väterlichen Betrieb leiten zu können, besuchte er später drei Monate lang die Meisterschule in Stadlbauer in Oberösterreich und absolvierte dort die Meisterprüfung. Als tüchtiger Huf- und Wagenschmied war er sehr gefragt, sodass ihn viele mit ihrem Pferd oder anderen Arbeiten in Strassen aufsuchten. Später erweiterte er seine Tätigkeit mit einem Landmaschinenhandel, noch bis ins hohe Alter arbeitete er gerne in seiner Werkstatt.
Familienvater
Als Ältester musste Johann, der zwei Brüder und drei Schwestern hatte, nach dem Tod seines Vaters 1959 schon früh neben seiner Mutter die Rolle des Familienoberhauptes übernehmen. Bei seinen Arbeiten auf Bauernhöfen lernte er Notburga Lusser von Thomiser in Messensee kennen und lieben und heiratete sie 1964. Der Ehe entstammen zwei Mädchen und fünf Buben, wobei sein jüngster Sohn Josef zum Hoferben wurde. Die elf Enkelkinder waren sein ganzer Stolz, für sie nahm er sich gerne Zeit. Neben der Familie widmete sich Johann auch der Dorfgemeinschaft, indem er in seiner Bescheidenheit den Schützen fast 70 Jahre und der Freiwilligen Feuerwehr 64 Jahre diente.
Pensionsjahre
Mit dem Antritt der Pension im Jahre 1994 blieb Johann wieder mehr Zeit für die Landwirtschaft, und so investierte er besonders im Frühjahr und Herbst viel Zeit in die Betreuung der Schafe. Im November 2018 beendete ein Schlaganfall diese geliebte Tätigkeit. Die nun notwendige Betreuung übernahmen vor allem seine Frau Burgl, der Sozialsprengel und auch Pflegerinnen, so konnte er seinen Lebensabend zu Hause verbringen.
Nach seinem Hinscheiden wurde er in der Hausstube würdig aufgebahrt und am Begräbnistag mit den Segensgebeten von Diakon Andreas Rauchegger verabschiedet. Pfarrer in Pension Josef Wieser und der Diakon feierten in der St. Jakobskirche das Totenamt, bereichert durch die getragenen Gesänge des Männerchores. Nach den Beisetzungsgebeten auf dem Friedhof dankten Schützen und Feuerwehr ihrem treuen Mitglied mit Ehrensalve und Fahnengruß, umrahmt von passenden Bläserweisen. KS
https://gemeinde-strassen.at/live/gemeinde-strassen-news/item/885-johann-aichner-87-strassen-10-november-2021#sigProId29c90d7a30